Pränatale Diagnostik

 

Alle Untersuchungen, die während einer Schwangerschaft durchgeführt werden, sind „pränatale Diagnostik“, d.h. vorgeburtliches Erkennen von Risikosituationen oder Erkrankungen bei der Schwangeren und/oder dem Ungeborenen.

Die 1965 eingeführten Mutterschafts-Richtlinien (Richtlinien des gemeinsamen Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die ärztliche Betreuung während der Schwangerschaft und nach der Entbindung) regeln die den gesetzlich versicherten Schwangeren zur Verfügung stehenden Beratungen und Untersuchungen („Schwangerenvorsorge“). In der Einführung wird darauf hingewiesen, dass diese Richtlinien „der Sicherung einer nach den Regeln der ärztlichen Kunst und unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnis ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlich ärztlichen Betreuung der Versicherten während der Schwangerschaft und nach der Entbindung“ dienen.

 

Die Mutterschaftsrichtlinien werden regelmäßig aktualisiert, zuletzt am 20.02.2020. Zu den neueren Änderungen gehört die Unterscheidung der Ultraschalluntersuchungen im Rahmen des 2. Screenings, das in der 18+0 (19.) bis 21+6 (22.) Schwangerschaftswoche durchgeführt wird. Die Schwangere, die Ultraschalluntersuchungen in Anspruch nehmen möchte, kann sich entscheiden, ob sie dann eine „Basis-Ultraschalluntersuchung“ oder eine „erweiterte Basis-Ultraschalluntersuchung“ wünscht. Die Patienteninformation „Ich bin schwanger. Warum werden allen schwangeren Frauen drei Basis-Ultraschalluntersuchungen angeboten?“ erläutert im Einzelnen das praktische Vorgehen und mögliche Konsequenzen.

Das Ultraschallscreening dient u.a. der Erfassung von Auffälligkeiten des Ungeborenen. Ergibt sich der Verdacht auf eine Entwicklungsstörung, so werden weiterführende Untersuchungen angeboten. Dazu gehören auch die Methoden der genetischen Pränataldiagnostik wie Fruchtwasseruntersuchungen nach Gewinnung des Fruchtwassers durch Amniozentese und Gewinnung von Chorionzotten- bzw. Plazentagewebe.

Amniozentese und Biopsien von Chorionzotten bzw. Plazenta sind invasive Techniken, d.h. es erfolgt ein Eingriff in die Gebärmutter, der mit einem zwar geringen (0,1%) Risiko einer durch den Eingriff ausgelösten Fehlgeburt verbunden ist (durchschnittliches natürliches Risiko einer Fehlgeburt zum üblichen Zeitraum der Eingriffe ca. 1 bzw. 2%). Um dieses Risiko zu vermeiden, wurden und werden systematisch Techniken zur Erfassung von fetalen Entwicklungsstörungen entwickelt, die zwar so zuverlässig sind, dass sie umfassend angeboten werden, aber (noch) nicht Eingang in die Mutterschaftsvorsorge gefunden haben, d.h. es handelt sich um IGeLeistungen.

 

 

Genetische Pränataldiagnostik

Einführung


Bei etwa jedem 25. neugeborenen Kind wird eine Entwicklungsstörung diagnostiziert („Basisrisiko“), von denen etwa 1/3 schwerwiegend ist, d.h. eine ungünstige Prognose hat. Nur ein kleinerer Teil der bei Geburt diagnostizierbaren (und heute häufig schon vor der Geburt erkennbaren) Störungen hat eine eindeutige genetische Ursache. Hierzu gehören die durch Trisomien z.B. der Chromosomen 18, 13 oder 21 bedingten Syndrome (Edward-, Pätau- oder Down-Syndrom), die durch strukturelle Chromosomenanomalien bedingten Syndrome sowie die durch einzelne Genveränderungen bedingten Syndrome. Neben den erblichen Syndromen, die durch charakteristische körperliche Auffälligkeiten gekennzeichnet sind, gibt es die erblichen Stoffwechselerkrankungen, die sich erst nach der Geburt entwickeln, z.B. die Mukopolysaccharidosen. Während Syndrome, die bereits bei der vorgeburtlichen Entwicklung Auffälligkeiten zeigen, durch Ultraschalluntersuchungen erkannt werden können, sind Stoffwechselerkrankungen in der Regel so nicht identifizierbar. Nach ihnen kann erst dann zielgerichtet gesucht werden, wenn sie in der Familie aufgetreten und die auslösenden Mutationen bekannt sind oder wenn ein Paar im Rahmen der Familienplanung ein genetisches Screening auf Anlageträgerschaft hat durchführen lassen. In solchen Fällen kann eine molekulargenetische Analyse an Zellen des Ungeborenen durchgeführt werden.

Allen genetischen Untersuchungen im Rahmen der invasiven Pränataldiagnostik ist gemeinsam, dass sie an der genetischen Information des Ungeborenen, die aus seinen Zellen gewonnen wird, durchgeführt werden. Möglich sind Analysen der Chromosomen und/oder an der DNA (Grundsätzlich können zur Diagnostik von erblichen Stoffwechselerkrankungen auch biochemische Analysen an Zellen des Ungeborenen oder am Fruchtwasser durchgeführt werden. Sie haben durch die Entwicklung der molekulargenetischen Techniken im Rahmen der pränatalen Diagnostik aber an Bedeutung verloren).

Eine bestimmte genetische Pränataldiagnostik kann entweder geplant bei bekanntem genetischen Risiko eingesetzt werden, als Screening bei definierten Risikogruppen (z.B. „genetisches Altersrisiko“) oder bei allen Schwangeren vor dem Hintergrund des allgemeinen Basisrisikos.  

Die aktuelle Praxis der vorgeburtlichen genetischen Untersuchungen ist (u.a.) im § 15 des am 01.02.2010 in Kraft getretenen Gendiagnostikgesetz (GenDG) geregelt.

Genetisch bedingte Entwicklungsstörungen bzw. Erkrankungen sind nach dem heutigen Stand der Medizin nicht heilbar, das bedeutet aber nicht, dass sie nicht behandelbar sind. Wird eine pränatale Diagnostik gezielt geplant, so sollten so früh wie möglich, eventuell schon vor Beginn einer Schwangerschaft, die sich aus einem pathologischen Befund ergebenden Handlungsoptionen abgewogen und auf ihre Zumutbarkeit für die Schwangere, das Ungeborene sowie die betroffene Familie überprüft werden. Auch das betreuende Fachpersonal sollte klar kommunizieren, welche Entscheidungen es mittragen kann und welche nicht. So haben die Schwangere und ihr Partner bzw. ihre Familie die Möglichkeit bei grundsätzlich unterschiedlicher Einstellung rechtzeitig eine andere Betreuung zu suchen. Sollte es dann tatsächlich z.B. zu einem pathologischen Befund und zur Konfliktsituation „Schwangerschaftsabbruch" oder „Schwangerschaft austragen" kommen, können alle darauf vertrauen, mit der Entscheidungsfindung nicht alleine zu sein.

Ergeben sich im Rahmen von Screening-Untersuchungen Hinweise auf Auffälligkeiten, die durch eine genetische Pränataldiagnostik weiter abgeklärt werden könnten, so gilt dies ebenfalls.

Zur Frage nach dem Sinn pränataler Diagnostik gibt es viele Antworten aber keine absolute Wahrheit. Dem entsprechend gibt es nur individuelle Entscheidungen, keine Patentrezepte. Begrenzt werden individuellen Lösungsansätze durch die Wertehaltung der Sozialgemeinschaft der Schwangeren sowie durch die gesetzlichen Rahmenbedingungen der Bundesrepublik Deutschland (GenDG, §218a StGB, Schwangerschaftskonfliktgesetz SchKG, insbesondere § 2a). Besonders erschwert wird die Entscheidungsfindung, wenn zunächst auf eine gezielte Diagnostik verzichtet wurde, und erst bei eindeutigen Hinweisen auf eine pathologische Fetalentwicklung im zweiten Trimenon (nach dem zweiten Screening-Ultraschall im Rahmen der Mutterschaftsvorsorge in der 19. bis 22. SSW) mit einer differenzierten Diagnostik begonnen und ein pathologischer Befund erhoben wurde.

 

 

Beratungsmöglichkeiten zur pränatalen Diagnostik


Sobald für die Frau und ihren Partner klar ist: ein Kind - unser Wunschkind - ist unterwegs, bieten sich technische Möglichkeiten an, um möglichst viel möglichst früh sicher festzustellen und die Frage: „Ist unser Baby gesund?" möglichst 100%ig mit „Ja" beantworten zu können. Heute stehen viele Methoden zur Verfügung, um die Gesundheit von Mutter und Kind nicht nur zu überwachen, sondern auch um sie sicherzustellen. Neben den sich aus auffälligen Befunden direkt ergebenden Konsequenzen -z.B. Behandlung eines Schwangerschaftsdiabetes- gilt es auch, mittel- und langfristige Folgen zu berücksichtigen. Wird z.B. in der Frühschwangerschaft festgestellt, dass es sich um eine Zwillingsschwangerschaft handelt, und findet sich wenige Wochen später nur noch eine Keimanlage, so kann dies die Schwangere erheblich irritieren.

Während noch vor wenigen Generationen eine Schwangerschaft erst einige Zeit nach ihrem Beginn objektiv festgestellt werden konnte, und dann Untersuchungen zum Entwicklungsstand des Ungeborenen nicht möglich waren, steht heute eine Fülle von Techniken zur Verfügung. Hier das individuell Sinnvolle zu finden ist nicht nur eine Frage des Sicherheitsbedürfnisses oder auch des Geldbeutels: manche Befunde bedeuten Entscheidungszwänge, wobei die Handlungsoptionen alle zu einem eigentlich unerwünschten Ergebnis führen. Eine Screening-Untersuchung auf Chromosomenanomalien durchführen zu lassen ohne sich Gedanken über den Umgang mit einem auffälligen Befund zu machen, da bei der vorherigen Schwangerschaft alles gut gegangen war und ein gesundes Kind geboren wurde (das sich jetzt schon auf sein Geschwisterchen freut ...), ist zwar menschlich verständlich aber keinesfalls klug.

Ergänzend zu den ärztlichen Beratungen im Rahmen der Mutterschaftsvorsorge gibt es die Informationen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung BZgA) sowie Beratungsstellen vor Ort, z.B. der ProFamilia, der Caritas oder von Donum vitae. Ihre Aufgabe ist es, die Schwangere und ihre Familie über die verschiedenen Möglichkeiten und Grenzen sowie Risiken und Konsequenzen pränataler Diagnostik zu informieren und bei der Entscheidungsfindung zu unterstützen.

Gesprächspartner in diesen Beratungsgesprächen sind die sachkundigen Beratenden und die Ratsuchenden, zumeist die Schwangere und ihre Begleiter (Partner, Verwandte, Freundinnen etc.). Auch wenn es schlussendlich um die Zukunft des Ungeborenen geht, ist die Schwangere die Person, deren gegenwärtige und zukünftige Gesundheit im Fokus steht und die die Entscheidungen zu fällen (und die Konsequenzen zu tragen) hat.

 

 

Entwicklung der genetischen Pränataldiagnostik


Ab 1960 erschienen die ersten Publikationen zu Chromosomenbefunden beim Menschen. Mit der Entwicklung der Techniken zur postnatalen Chromosomenanalyse wuchs auch das Interesse an vorgeburtlichen Chromosomenanalysen. In den 1960-, 1970- und 1980-iger Jahren wurden die Techniken zur Gewinnung fetaler Zellen (Amniozentese, Chorionzottenbiopsie) für genetische Analysen entwickelt. 1978 wurde die genetische Pränataldiagnostik bei genetischem Altersrisiko der Schwangeren (das Risiko freier Trisomien) in die Mutterschaftsvorsorge aufgenommen und führte zu nicht immer zufriedenstellenden Routineverfahren. Weder wurde die durch den Eingriff verursachte Fehlgeburt bei ca. jeder 200. Punktion, noch die Möglichkeit bei einem pathologischen Befund einen Abbruch der Schwangerschaft vornehmen zu lassen (Medizinische Indikation) von allen Schwangeren oder dem medizinischen Fachpersonal (Ärzte, Hebammen, Krankenschwestern) akzeptiert. Es wurden systematisch weniger risikoreiche Untersuchungstechniken entwickelt wie das heute zur Verfügung stehende Erst-Trimester-Screening (ETS) und die Nicht-Invasiven-Pränatal-Tests (NIPT). 

 

 

Screening


In der Medizin werden Screeninguntersuchungen eingesetzt, um in Bevölkerungsgruppen die Menschen zu identifizieren, die von Vorsorgemaßnahmen oder Frühbehandlungen profitieren. Ziel ist, die Gesundheit des Einzelnen zu fördern. Nicht alle Screeninguntersuchungen, die während der Schwangerschaft möglich sind, erfüllen dieses Kriterium. 

 

 

Nicht-invasive Screeningverfahren zur Detektion embryonaler und fetaler Entwicklungsstörungen


Seit den 1970er Jahren werden Ultraschalluntersuchungen auch im Rahmen der Schwangerenvorsorge durchgeführt. Seit 2013 hat jede Schwangere Anspruch auf drei sonographische Screeninguntersuchungen: zwischen der rechnerisch 9. und 12. SSW (Feststellung der Schwangerschaft, Festlegung des Geburtstermins), zwischen der 19. und 22. SSW (Möglichkeit a – „Basis-Ultraschalluntersuchung" zur Überprüfung der zeitgerechten fetalen Entwicklung oder Möglichkeit b –„Erweiterte Basis-Ultraschalluntersuchung", Organscreening) und zwischen der 29. und 32. SSW (Kontrolle der fetalen Entwicklung). Ergeben sich bei den Ultraschalluntersuchungen im Rahmen der Mutterschaftsvorsorge Auffälligkeiten beim Feten mit dem Verdacht auf eine genetische bedingte Störung, so kann dies weiter abgeklärt werden, nämlich. Nach invasiven Eingriffen (Chorionzottenbiopsie oder Amniozentese).
In Ergänzung zur Mutterschaftsvorsorge stehen inzwischen nicht-invasive Techniken zur gezielten Risikoabklärung fetaler Entwicklungsstörungen zur Verfügung, nämlich das Erst-Trimester-Screening (ETS):

  • Sonographische Messung der „Nackentransparenz" in der 12. - 14. SSW

  • Ultraschalluntersuchungen zum frühen Organscreening 13./14. SSW

  • Ggf. in Kombination mit biochemischen Markern (ßHCG, PAPP-A, AFP)

Aus den Messdaten kann ein individuelles Risiko für die häufigsten Trisomien (21, 18, 13) berechnet werden, je nach Befunden können sich auch Hinweise auf andere Entwicklungsstörungen ergeben, was zur Entscheidungsfindung bzgl. einer weiteren Diagnostik beiträgt. Wenn ein ETS durchgeführt wird, hat die Schwangere bereits bei vorherigen Ultraschalluntersuchungen den fetalen Herzschlag gesehen und gehört und durch diese Erlebnisse ein Bild von ihrem Kind. Sie hat ihm vielleicht schon einen Namen geben und plant die gemeinsame Zukunft. Dass dies Wunschvorstellungen sind, tritt dabei in den Hintergrund. Sie jetzt darauf hinzuweisen, hilft selten, die durch auffällige Screeningbefunde ausgelösten Ängste zu dämpfen.

Die Verfahren zum ETS sind Individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL).

 

 

NIPT


Die nichtinvasiven molekulargenetischen Pränataltests (NIPT) basieren auf der Untersuchung kleiner DNA-Fragmente fetalen Ursprungs (cell-free fetal DNA, cfDNA, aus dem fetalen Anteil der Plazenta), die in die mütterliche Blutbahn gelangen und aus Blutproben der Schwangeren isoliert und analysiert werden können. Der Anteil der freien fetalen DNA an der Gesamtmenge freier DNA (im Blut der Schwangeren findet sich auch ihre eigene DNA) muss mindestens ca. 4% ausmachen, sonst ist der Test nicht durchführbar. Diese Menge wird ab der ca. 10. SSW erreicht. Zur Bestimmung z.B. der Anzahl der Chromosomen 21 (zwei = normal und drei = Trisomie) werden die fetalen DNA-Fragmente, die vom Chromosom 21 stammen, identifiziert. Anschließend wird bestimmt, ob die nachgewiesene Menge (relativ zu einer Bezugsgröße in Chromosomensatz, dem Chromosom 3) einer Trisomie 21 entspricht oder nicht. Analog kann mit den Chromosomen 13 und 18 sowie den Geschlechtschromosomen X und Y verfahren werden. Es handelt sich um einen Screening-Test, nicht um ein diagnostisches Verfahren: Auch bei hoher Sicherheit können Befunde "falsch positiv" sein, d.h. es wird ein trisomer Befund erhoben, der Fet hat aber keine Trisomie (Wahrscheinlichkeit ca. 0,1%).

Durch die Weiterentwicklung der technischen Möglichkeiten können immer mehr genetische Informationen des Ungeborenen an den im Blut der Schwangeren zirkulierenden cfDNA identifiziert werden. Dies ermöglicht nicht nur die Testung auf numerische Chromosomenanomalien, sondern auch auf strukturelle Abweichungen wie die zwar seltenen, aber -wenn sie auftreten- häufig spontan entstandenen Mikrodeletionen. Bei der Entscheidung, ob das Screening im Einzelfall sinnvoll bzw. hilfreich sein kann (wird unser Kind gesund sein?), sind nicht nur die Testeigenschaften „Sensitivität“ (der Test identifiziert die Untersuchungsproben mit der gesuchte Eigenschaft richtig – richtig-positiv) und „Spezifität“ (der Test identifiziert die Untersuchungsproben ohne die gesuchte Eigenschaft richtig – richtig negativ). Für eine bestimmte Schwangere sind die Kenndaten „positiver prädiktiver Wert“ und „negativer prädiktiver Wert“ im Hinblick auf ihre Ausgangsfrage hilfreich, denn in diese Werte geht auch die Häufigkeit der getesteten z.B. Chromosomenanomalie ein (Prävalenz, d.h. die innerhalb eines definierten Zeitraums, z.B. Jahr, bestehende Häufigkeitsrate, angegeben in 1:***). www.veracity-nipt.de/eltern/fachbegriffe. Während ein negatives Testergebnis die getestete Störung auch mit hoher Sicherheit ausschließt, bedeutet ein positives Testergebnis nicht unbedingt, dass die getestete Anomalie auch tatsächlich besteht. Je seltener sie ist, umso geringer ist der prädiktive positive Wert. Das bedeutet, dass auffällige Testergebnisse immer durch weitere Untersuchungen geprüft werden müssen, bevor eine endgültige Diagnose gestellt werden kann (www.aerzteblatt.de/archiv/212522/Nichtinvasive-Praenataltests-Risiko-fuer-Fehlinterpretation).

 

Die NIPT sind derzeit Individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) Mit der Frage, ob für Risikoschwangere (z.B. Alter, aus der Anamnese bekannte Risiken) NIPT eine Leistung im Rahmen der Mutterschaftsvorsorge sein sollte, um sie nicht dem Risiko eines invasiven Eingriffs auszusetzen, werden derzeit Studien durchgeführt. Davon unberührt sind die individuellen Überlegungen werdender Eltern, die im Hinblick auf die Frage „Wird unser Kind gesund sein?“ so früh wie möglich so viel wie möglich wissen möchten.

 

 

Pathologischer Befund - was nun?


Ergibt sich aus den Befunden der pränatal durchgeführten Diagnostik als mögliche Konsequenz der Abbruch der Schwangerschaft, so ist zunächst eine umfassende Beratung der Schwangeren und ggf. ihrer Familie indiziert. Hilfestellungen bieten neben der Beratung durch die betreuenden Ärzte (einschließlich der Fachärzte, die Erfahrung mit dem diagnostizierten Krankheitsbild haben) die Broschüren der BZgA sowie des Vereins Psychosoziale Aspekte in der Humangenetik VPAH und persönliche Gespräche in qualifizierten Beratungsstellen, z.B. Donum vitae und ProFamilia.

Neben der Möglichkeit eines Abbruchs, bei fortgeschrittener Schwangerschaft auch mit Fetozid, oder dem Austragen der Schwangerschaft und intensiver Betreuung des Neugeborenen besteht auch die Möglichkeit der Perinatalen Palliativ-Versorgung. Dies kann für die Frauen und Familien, die sich eine Entscheidung über Leben und Tod ihres erwarteten Kindes nicht zumuten wollen, ein gangbarer Weg sein.

Wird eine invasive Diagnostik nach ETS oder NIPT z.B. in der 15.SSW durchgeführt, so kann es sein, dass das Thema „Abbruch“ im Raum steht zu einer Zeit, wo noch mit einer Fehl- oder Totgeburt zu rechnen wäre. Erkennen zu müssen, dass ein Kind zu erwarten nicht nur Leben, sondern auch Tod spenden bedeuten kann, ist nicht nur für die Schwangere und ihre Familie, sondern auch für die Fachleute eine wichtige Erfahrung. Bei allem technischen Fortschritt gehört der Tod vor der Geburt weiterhin zur Natur des Menschen.

Da eine Schwangerschaft heute schon früh sicher festgestellt werden kann, und die werdenden Eltern durch die Ultraschallbilder ihr Kind schon von Angesicht zu Angesicht kennen, bedeutet der Verlust einer Schwangerschaft den Tod eines Familienmitglieds. Die dadurch ausgelösten Gefühle müssen angemessen gewürdigt werden, damit das Leben weitergehen kann. Dies ist insbesondere für die Frauen bzw. Eltern, die sich für ein Leben mit ihrem behinderten Kind entschieden haben, wichtig, wenn sie nach ihrer Entscheidung ihr Kind durch eine spontane Fehl- oder Totgeburt verlieren.

Dass bei vergleichbaren genetischen Befunden die Entscheidungen der einzelnen Schwangeren bzw. des Paares ganz unterschiedlich ausfallen, liegt nicht nur an der unterschiedlichen Bewertung der Diagnose (z.B. Trisomie 21), sondern auch an den individuellen Entwicklungsaussichten des Feten (z.B. Organfehlbildungen) und der individuellen Lebenssituation der Schwangeren. Keinesfalls bricht eine Frau eine Schwangerschaft ab, weil sie „was gegen ein Down-Syndrom hat".